Die Rolle der Zinsbindungsfrist bei Hauskrediten

  • 24.04.2022

    Die Rolle der Zinsbindungsfrist bei Hauskrediten

  • Ein Hauskredit ist in vielen Fällen für Privatpersonen nach wie vor das größte finanzielle Projekt des Lebens. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass es um sehr hohe Summen und entsprechend lange Laufzeiten geht. Eine wichtige Stellschraube bei Baufinanzierungen stellt die Zinsbindungsfrist dar. Doch was steckt eigentlich genau dahinter? Wie lange sollte die Zinsbindungsfrist gewählt werden und wie steht diese in Zusammenhang mit anderen wichtigen Kenngrößen bei Baukrediten? In diesem Artikel werden die Fragen genauer unter die Lupe genommen und umfassend beantwortet.

    Baufinanzierung

    Abbildung 1: Der Traum vom Eigenheim ist hierzulande weitverbreitet. Doch was sollte in Bezug auf die Zinsbindung bei der Baufinanzierung beachtet werden? Bildquelle: @ Tierra Mallorca / Unsplash.com

    Was ist die Zinsbindungsfrist eigentlich genau?

    Die Zinsbindungsfrist beschreibt den Zeitraum, über den die Zinsen bei einer Baufinanzierung festgeschrieben werden. Während dieses Zeitraums ist es also unerheblich, wie sich die Marktzinsen entwickeln, weil Kreditnehmer immer den vereinbarten Zinssatz zahlen. Darüber hinaus lässt sich eine Baufinanzierung während der Zinsbindung auch nicht von Kundenseite aus kündigen. Aus diesem Grund wird die Zinsbindung oft auch mit der Laufzeit einer Baufinanzierung gleichgesetzt.

    Achtung: Das Ende der Zinsbindung oder Laufzeit bedeutet in vielen Fällen jedoch nicht, dass der Baukredit dann komplett abgezahlt wurde. Vielmehr verbleibt eine Restschuld, die dann über eine Anschlussfinanzierung weiterfinanziert wird.


    Welche Zinsbindungsfristen sind bei einem Baukredit gängig?

    Wer einen Hauskredit abschließen möchte, kann dabei zwischen verschiedenen Zinsbindungsfristen wählen. Am gängigsten sind jedoch Laufzeiten zwischen 5 und 15 Jahren. Auch die Bundesbank gibt in ihrer Zinsstatistik Durchschnittszinsen für Baudarlehen mit einer Laufzeit bis 10 Jahren und darüber hinaus an. Am häufigsten werden zudem Baukredite mit einer Zinsbindung von 10 Jahren gewählt.

    Es existieren jedoch auch Kreditangebote, die eine Zinsbindung von 15, 20, 25 oder gar 30 Jahren anbieten. Deshalb ist die Zinsbindungsfrist bei langjährigen Finanzierungen wie einem Hauskredit entscheidend. Welche Zinsbindung am Ende sinnvoll erscheint, hängt von den Marktgegebenheiten und der persönlichen finanziellen Situation ab.

    Welche Zinsbindungsfrist sollte gewählt werden?

    Die optimale Länge der Zinsbindungsfrist für einen Hauskredit lässt sich nicht allgemeingültig festlegen. Hierbei spielen verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle:
     

    1. Das allgemeine Zinsniveau

      Das allgemeine Zinsniveau ist im Zusammenhang mit der Zinsbindungsfrist das wichtigste Kriterium. Hierbei geht es also um die Tatsache, ob Immobilienkäufer auf dem Kreditmarkt aktuell generell eher attraktive Zinskonditionen erhalten oder ob das Zinsniveau eher hoch liegt. Dies macht grundsätzlich einen großen Unterschied, wie diese beiden Durchschnittszinssätze für Baudarlehen mit einer Zinsbindung von bis zu 10 Jahren zeigen.
       
    2. Zeitpunkt Durchschnittszinssatz
      Januar 2010 4,27%
      Januar 2022 1,19%

    Tabelle 1: Durchschnittszinssätze für Baudarlehen mit einer 10jährigen Laufzeit, Quelle: Bundesbank

     

    Die Zinskosten für ein Baudarlehen lagen also vor 12 Jahren unabhängig vom jeweiligen Anbieter im Durchschnitt mehr als 3 Prozentpunkte höher als heute. Aus solchen Unterschieden ergibt sich in Bezug auf die Zinsbindung folgende Empfehlung:
     

    • Hohes Zinsniveau: Liegt das allgemeine Zinsniveau hoch, lohnt es sich häufig, eine eher kurze Zinsbindung von maximal 5 Jahren zu wählen. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass die Zinsen bis dahin grundsätzlich günstiger sind und somit eine Anschlussfinanzierung die Kosten senkt.
       
    • Niedriges Zinsniveau: Bei einem grundsätzlich niedrigen Zinsniveau (wie aktuell) ist es definitiv sinnvoll, eine längere Zinsbindung zu wählen. Auf diesem Weg lassen sich die günstigen Zinsen nämlich möglichst lange in Anspruch nehmen. Zeiträume von 15-20 Jahren sind hierbei durchaus lohnend. Darüber hinaus ergibt sich die Besonderheit, dass Kreditnehmer trotzdem nicht an die volle Laufzeit gebunden sind. Sollte sich die Zinssituation nach 10 Jahren noch weiter verbessert haben, ist nach §489 BGB jederzeit eine Kündigung mit einer Frist von 6 Monaten möglich. 

      2. Die persönliche finanzielle Situation

      Natürlich spielt auch die eigene finanzielle Situation eine wichtige Rolle bei der Wahl der Zinsbindungsfrist. Hier geht es vor allem darum, wie viel Geld für die monatliche Kreditrate zur Verfügung steht. Wer sehr hohe Raten zahlen kann, muss nicht zwingend eine sehr lange Zinsbindung wählen. Eventuell ist es sogar möglich, den kompletten Darlehensbetrag in 10-15 Jahren zurückzahlen. Bei einem solchen Volltilger-Darlehen wäre eine längere Zinsbindung sinnlos. Dies sollten Kreditnehmer vor allem deshalb beachten, weil längere Zinsbindungsfristen oft mit Zinsaufschlägen verbunden sind.

      Wer hingegen nur eine recht kleine Rate bedienen kann, sollte bei niedrigen Zinsen auf jeden Fall eine möglichst lange Zinsbindung wählen. Schließlich dauert es auch sehr lange, bis die Restschuld am Ende abgetragen ist. Da niemand das Zinsniveau in 20 Jahren voraussagen kann, ist es hilfreich, wenn bis dahin zumindest schon ein größerer Teil der Restschuld abbezahlt wurde. Auf diesem Weg wirken sich höhere Zinsen bei der Anschlussfinanzierung nicht mehr so stark aus.

      Somit dürfte also klar sein: Es gibt nicht die eine perfekte Zinsbindungsfrist, sondern es kommt immer auf den jeweiligen Einzelfall an.

       

    Zinsbindung und Anschlussfinanzierung: Was ist zu beachten?

    Der Standardfall der Baufinanzierung sieht folgendermaßen aus:
     

    1. Kreditnehmer nehmen eine Baufinanzierung mit einer gewissen Laufzeit auf
    2. Zum Ende der Laufzeit bleibt eine Restschuld übrig
    3. Die Restschuld wird über eine Anschlussfinanzierung finanziert

      Bei der Anschlussfinanzierung gilt jedoch das dann gültige Zinsniveau. Liegt dieses beispielsweise deutlich höher als zum Abschluss des ursprüngliches Hauskredits, kann dies die monatliche Rate hochtreiben. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn während der Zinsbindung bislang nur ein kleiner Teil der Darlehenssumme abgetragen wurde.

      Schon vor Ablauf der Zinsbindung um Anschlussfinanzierung kümmern

      Um die Kosten der Anschlussfinanzierung nicht explodieren zu lassen, ist es wichtig, sich schon möglichst frühzeitig um eine Anschlussfinanzierung zu kümmern. So kann ein Blick auf das allgemeine Zinsniveau schon bis zu 5 Jahre vor Ablauf der Zinsbindung sinnvoll sein. Liegt das Zinsniveau gerade besonders niedrig, empfiehlt sich ein sogenanntes Forward-Darlehen.

      Die Besonderheiten eines Forward-Darlehens liegt darin, dass Kreditnehmer sich damit das aktuelle Zinsniveau bis zu 5 Jahre in die Zukunft sichern können. Der Kredit wird also zu den jetzigen Konditionen abgeschlossen, aber erst in 5 Jahren aufgenommen und abbezahlt. Für die Bereitstellungsdauer fällt im Normalfall ein Zinsaufschlag an, der sich an der Länge der Wartezeit orientiert. Trotzdem kann sich das Ganze lohnen, wenn absehbar ist, dass die Zinsen in Zukunft wieder deutlich ansteigen werden.

      Achtung: Der Abschluss eines Forward-Darlehens ist bindend. Sollte sich das Zinsniveau also nach Abschluss noch einmal verbessern, lässt sich das Darlehen auch in der Wartezeit nicht kündigen, sondern muss zum vereinbarten Zeitpunkt abgenommen werden.


       

    Welche Aspekte sind bei einem Hauskredit noch wichtig?
     

    Auch wenn die Zinsbindungsfrist ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Baufinanzierung darstellt, existieren noch viele weitere wichtige Aspekte:

    1. Der Zinssatz: Das Kostenmaß
      Noch wichtiger als die Zinsbindung ist ganz klar der Zinssatz, zu dem die Immobilienfinanzierung abgeschlossen wird. Immerhin bestimmt dieser die Höhe der Kosten für den Kredit. Ein Zinsunterschied von 0,5 Prozentpunkten bedeuten bei einer Baufinanzierung über 300.000 Euro und einer Zinsbindung von 15 Jahren bei anfänglicher Tilgung von 2% einen Kostenunterschied von ca. 18.500 Euro.
      Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, die verschiedenen Anbieter für Baufinanzierungen miteinander zu vergleichen und sich am Ende für die Finanzierung mit den niedrigsten Zinsen zu entscheiden.
       
    2. Die anfängliche Tilgung: Je höher, desto besser
      Die anfängliche Tilgung stellt bei der Baufinanzierung ebenfalls einen nicht zu unterschätzenden Faktor dar. Je schneller ein Baudarlehen abgezahlt wird, desto geringer fallen am Ende die Kosten aus. Die oben genannten 18.500 Euro Zinseinsparung bei einem kleinen Zinsunterschied von 0,5% implizierten, dass der Kreditnehmer statt 1.000 Euro (beim teureren Darlehen) nur 875 Euro pro Monat als Kreditrate bezahlt. Aus diesem Grund sähe der Restschuldvergleich im obigen Beispiel folgendermaßen aus:

     

    Zinssatz Restschuld nach 15 Jahren
    1,5% p.a. 199.141 Euro
    2% p.a. 195.143 Euro

     

    Tabelle 2: Unterschiede in der Restschuld beim Baufinanzierungsbeispiel mit 0,5 Prozentpunkten Unterschied

    Die höhere Rate wurde größtenteils für die höhere Zinsen verwendet, aber auf diesem Weg konnte auch ein etwas höherer Teil der Darlehensschuld abgetragen werden. Würde nun bei einem Zinssatz von 1,5% die gleiche Rate investiert (1.000 Euro), ergäbe dies nach 15 Jahren eine Restschuld von 173.926 Euro und die Zinskosten fielen noch einmal um 2.500 Euro niedriger aus.

    Daraus folgt: Mögliche Zinseinsparungen sollten immer in die anfängliche Tilgung investiert werden. Diese kann also eigentlich nicht zu hoch ausfallen. Trotzdem ist es wichtig, dass die Rate finanzierbar bleibt. Ist die gesamte Kalkulation „auf Kante genäht“, können sich daraus bei kleinen Veränderungen der eigenen Situation schnell finanzielle Probleme ergeben.

                3. Eigenkapital: Je mehr, desto besser
                    Eigenmittel stellen eine wichtige Säule bei der Baufinanzierung dar. Dies hat zwei Gründe:

                a)    Geringeres Schuldenrisiko bei einem Kreditausfall
    Fällt das Baudarlehen aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten aus, sorgt eine hohe          Eigenkapitalquote dafür, dass die Kreditnehmer nach der Zwangsversteigerung zumindest schuldenfrei sind. Wird eher wenig Eigenkapital eingebracht, kann es passieren, dass der Erlös der Zwangsversteigerung nicht ausreicht, um die Restschuld zu tilgen. In diesem Fall würden Kreditnehmer auf weiteren Schulden sitzenbleiben.

                 b)    Günstigere Zinsen
    Die Immobilie gilt bei einer Baufinanzierung als Sicherheit und wird über eine Grundschuld beliehen. Je höher die Beleihung ausfällt (prozentual vom Kaufpreis), desto höher ist das Risiko für die Bank. Ein hohes Risiko wird jedoch oft mit Zinsaufschlägen belegt. Bei einer tendenziell niedrigeren Beleihung lassen sich hingegen günstigere Zinssätze realisieren.
    Darüber hinaus ist zu beachten, dass Banken in den meisten Fällen zumindest die Kaufnebenkosten (ca. 10-15% des Kaufpreises) als Eigenkapital erwarten. Baufinanzierungen ohne Eigenkapital werden nur an Personen mit einer Top-Bonität (hohes Einkommen und einwandfreie SCHUFA-Auskunft) vergeben.

                4.  Sondertilgungen

    Sollte die finanzielle Möglichkeit bestehen, in den ersten Jahren zusätzlich zur normalen Tilgung Sonderzahlungen einzuzahlen, kann sich dies lohnen. Dafür muss der Kreditgeber dies allerdings auch zulassen. Aus diesem Grund sollten Angebote heute die Möglichkeit zur kostenfreien Sondertilgung enthalten Oft wird diese auf 5-10% der Restschuld pro Jahr festgelegt.

                5.  Bereitstellungszinsen
    Geht es um einen Hausbau, sollte auch ein Blick auf die Bereitstellungszinsen nicht fehlen. Eine bereitstellungsfreie Zeit (ohne Zinsforderungen) von 6-12 Monaten ist heute problemlos möglich. Aus diesem Grund sollte Häuslebauer bei einem Kredit darauf achten.
     
    Zinsen

    Abbildung 2: Mit der richtigen Baufinanzierung wird der Traum vom Eigenheim deutlich günstiger. Bildquelle: @ Lena Balk / Unsplash.com

     

    Zinsbindungsfrist geschickt wählen und dabei sparen

    Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass die Zinsbindungsfrist tatsächlich ein wichtiger Faktor im Bereich der Baufinanzierungen darstellt. Wird die Zinsbindung in Bezug auf das allgemeine Zinsniveau und die eigene finanzielle Situation sinnvoll gewählt, lassen sich die Kosten eines Baukredits tendenziell niedriger halten. Darüber hinaus sind jedoch auch Faktoren wie der Zinssatz, die anfängliche Tilgung, mögliche Sondertilgungen und das Eigenkapital zu berücksichtigen.
     

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