Der Begriff vom Elfenbeinturm erhält aktuell in der "Landschaft" der Großstädte eine neue Bedeutung. Der Trend geht hin zum Wohnturm, einer kühnen Konstruktion, die in der Regel in den so genannten Sahnelagen befindlich sind. Freier Blick, aber auch noch alle Annehmlichkeiten urbanen Wohnens warten auf die Bewohner dieser Türme, von der guten Adresse einmal abgesehen. Der Tower ist in. Der erste seiner Art in Deutschland wurde in Hamburg im Jahr 2009 fertig gestellt, natürlich in der futuristischen HafenCity, die schon von Anfang an als Experimentierfeld für Architekten galt. Wer im Marco Polo Tower in der HafenCity residiert, nicht wohnt, der hat es geschafft und kann sich über sein privilegiertes Wohnen jeden tag aufs Neue freuen. Immobilien zum Kauf sind hier nur für die wirklich Reichen denkbar.
Ein Luxus Wohntrend ist entstanden, aber ganz sicher kein neuer Wohnraum für "die Massen". Auch bzw. natürlich auch in Frankfurt mit seiner bekannten Skyline entsteht ein solcher Turm, das Praedium. Auf 19 Stockwerke bringt es dieses markante Bauwerk, und wer ganz oben wohnt, kann bei einer Lage von 66 m über dem Boden wirklich ein Wolkenkuckucksheim errichten. Auch Berlin muss da natürlich mithalten. In Bestlage, direkt am Alexanderplatz, werden bis 2017 insgesamt 300 Eigentumswohnungen und ein Designhotel schöneres Wohnen für die Betuchten bedeuten. Hier wird sich einmal mehr Stararchitekt Frank Gehry verewigen. An den neuen Hochhäusern, die schon im Vorfeld, bevor sie überhaupt gebaut werden, für Aufmerksamkeit sorgen, kommt man also nicht mehr vorbei. Hamburg hat nun eben den Michel, die Tanzenden Türme und den Marco Polo Tower, und Berlin lässt eben den bisher als Landmarke bekannten Fernsehturm in der Höhe gegen das neue Gehry Projekt antreten.
Da allgemein bekannt ist, wie teuer diese Türme für ihre Bewohner sein werden bzw. sind, werden sie von der Mehrheit der auf der Wohnungssuche befindlichen Menschen ganz sicher ignoriert. Das heißt, es entsteht eine Art Getto für die Reichen, von dessen Existenz letztendlich der sie umgebende Stadtteil wenig hat. Denn dass die Bewohner ihr Geld in der Kneipe um die Ecke ausgeben, ist eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass sie die Bar "in residence" besuchen werden, wo sie unter sich und Ihresgleichen sein können. Und so werden solche Projekte auch von vielen Gegnern der Gentrifizierung als eine Art Provokation wahrgenommen. Wohnen dort, wo es am interessantesten ist, ja, das ist gewünscht, aber aus einer Perspektive "von oben herab".
Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Bauherren, die solche "Luxuszähne" mitten in die urbane Landschaft pflanzen, wirklich alle Einheiten vermietet oder verkauft bekommen. The sky is the limit? Das wird sich zeigen!